Grüße von der Brigg ROALD AMUNDSEN Newsletter im Juni 2023
- HECKWELLE
Nordatlantik rund – ein Rückblick in den Winter 2022/23 - AUSGUCK RECHT VORAUS
Blick in den Törnplan der nächsten Monate - BERICHT DER BOOTSLEUTE
Werftzeiten - ÜBRIGENS – WUSSTEST DU SCHON…
… was genau eigentlich eine Brigg ist?
„Immer wieder wurde ich von meinem Mann gefragt, ob ich ihn nicht mal auf der ROALD begleiten möchte, und jedes Jahr zuvor habe ich ihn vertröstet, ich würde schon irgendwann mal mitkommen.
Dieses Jahr habe ich mein Bauchgefühl entscheiden lassen und bin zum ersten Mal in meinem Leben gesegelt (bisher überquerte ich das Meer nur mit einer Fähre).
Mit insgesamt 41 Personen fuhren wir zwei Wochen über den Atlantik. Für mich waren es zwei Wochen lang:
… das Treffen und Kennenlernen wundervoller Menschen.
… sich aufeinander verlassen können und füreinander da sein.
… gemeinsam zu lachen/zu weinen/neue Rezepte zu kochen.
… inspiriert sein von den Meinungen und/oder Taten Anderer.
… neue Seiten und Grenzen von sich selbst erkennen/erfahren.
… den Augenblick genießen.
… Ausschau halten nach Walen, Glitzerdelfinen, Regenbogen und Sternen.
Für mich waren es zwei Wochen voller Stimmigkeit und Zufriedenheit, die mich energetisch aufgeladen haben. Ich empfand die Zeit auf der ROALD als magisch. Vor allem Ihr alle habt mir so unglaublich gut getan, dass ich sehr oft, gerne und zufrieden an die gemeinsame Zeit mit Euch zurückdenke!“
Mariola – im März 2023 von den Azoren nach Cherbourg
(Foto: Karoline Karohs)
1. HECKWELLE
Nordatlantik rund – ein Rückblick in den Winter 2022/23
Von den Winden begleitet ging es diesen Winter auf der klassischen Windjammerroute einmal rund um den Nordatlantik. Zum ersten Mal seit 2012 gab es auf diesen Etappen wieder Törns für Einzelbucher*innen.
Mitte Oktober im Heimathafen Eckernförde begann die lange Reise Richtung Süden. Nach der Fahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal, sehr wechselhaftem Wetter auf der Nordsee, im Englischen Kanal und der rauen See der Biskaya, erreichte die ROALD AMUNDSEN Mitte November das Spanische Festland. In der Restwärme des iberischen Herbstes wurde sie auf der Werftzeit in Vigo auf Vordermann gebracht und auf die langen Atlantikreisen vorbereitet.
Ende November ließ die ROALD dann das europäische Festland und die einstelligen Temperaturen endgültig hinter sich und setzte die Segel mit Kurs auf Porto Santo bei Madeira und die Kanarischen Inseln. Törns im Warmen, als Pause vom Alltag und der Kälte in Deutschland – dafür ist das Segelgebiet rund um Teneriffa genau richtig. Weihnachten feierte die Crew mit einem Badestopp vor der Insel, während die ROALD an Silvester schon auf hoher See mitten auf dem Atlantik war – und zwar bei 24°44,3’N und 021° 15,0’W. Das Special des Winters: Diesen Törn, die Atlantiküberquerung von Teneriffa nach Martinique, fuhr eine Women-Only-Crew aus 47 Frauen. Mit unvergesslichen Erinnerungen und bereichernden Erfahrungen erreichte diese Gruppe nach 25 Tagen auf See die Karibik.
Eine Gegend, die man sich genauer anschauen sollte: Die nächste Etappe zu den British-Virgin-Islands war gespickt mit traumhaften Landgängen, tropischen Regenschauern und Sonnenuntergängen in leuchtenden Farben. Auf der Reise durch das Bermudadreieck im Februar feierte die Crew bei Flaute Karneval und lernte die nächtliche heiße Schokolade zu schätzen. Die Inseln selber bestachen mit einzigartiger Architektur, beeindruckenden Höhlen und inzwischen deutlich kühleren Temperaturen.
Mit der kleinen aber feinen Crew, die Ende Februar den Hafen von St. George’s auf Bermuda verließ, bewältigte die ROALD eines der windigsten Seegebiete der Welt, segelte durch mehrere Tiefdruckgebiete und die raue Schönheit des stürmischen Nordatlantiks bis zu den Azoren. Nach dem obligatorischen Stopp beim Peter Café Sport auf Faial erreichte die Crew Sao Miguel und konnte sich in den heißen Quellen und sehenswerten botanischen Gärten erholen.
Die letzte Etappe des Winter-Nordatlantiks nach Cherbourg ließ nichts zu wünschen übrig: Sonne und 5 Bft von achtern versprachen bestes Segelwetter – bis die ROALD dann am Ende der Biskaya kurz vor dem Zielhafen Cherbourg windtechnisch doch noch einen auf die Mütze bekam. Auf der Heimreise nach Kiel war der nahe Frühling zu spüren und versüßte die Landgänge in Scheveningen, Amsterdam und auf Helgoland. Mit günstigen Winden segelte die ROALD die Nordseeküste entlang bis zur Schleuse in Brunsbüttel und erreichte nach einer langen Kanalfahrt endlich wieder die Ostsee, wo zahlreiche Mitsegelnde des Winters die Crew schon am Tiessenkai erwarteten.
Im Winter 23/24 hast du nochmals die Chance, so eine Reise mitzumachen. Die Details findest du im Törnplan.
„Ich habe schon eine lange Laufbahn als „Seemann“ hinter mir, angefangen von der Marine über mindestens 15-20 Yacht-Törns und mindestens 10 Törns auf diversen Großseglern in diversen Seegebieten wie der Dänischen Südsee, dem Mittelmeer und Atlantik.
Im Rigg und auch gerne in der Kombüse muss ich gestehen, dass dies einer der schönsten Törns ever war, insbesondere auch wegen des gemeinsamen Weihnachtsabends auf Reede.
Der tiefblaue Atlantik, Delphine, der unübertroffene Sternenhimmel in meiner Stammwache 12.00-04.00 Uhr, ich habe mehr als 60 Sternschnuppen in diesen Nächten gezählt.
Die Crew hat natürlich auch gepasst, bis auf ein paar kleine Ausnahmen. Es menschelt halt immer auch etwas. Besonders möchte ich noch erwähnen, dass die ROALD nur circa zur Hälfte besetzt war, was der Stimmung keinen Abbruch tat, dies hatte ich so auch noch nicht erlebt.“
Reiner – im Dezember 2022 von Teneriffa nach Teneriffa (rund Gran Canaria)
(Foto: Jörn Michel)
2. AUSGUCK RECHT VORAUS
Blick in den Törnplan der nächsten Monate
Nach dem großen Höhepunkt der Kieler Woche, der Windjammerparade am 24.06.23, geht es für die ROALD AMUNDSEN durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Den Helder (NL). Dort startet Anfang Juli das Race 1 der Tall Ship Races nach Hartlepool in England. Die Tall Ship Races sind eine großartige Chance, mit den Crews anderer Tall Ships in Kontakt zu kommen, sich auszutauschen und Freundschaften zu schließen. Außerdem will natürlich der zweite Platz vom letzten Jahr verteidigt werden. Aber auch an Bord wird es spannend: Das Schiff und die Crew freuen sich auf viele junge Meschen unterschiedlichster Herkunft und Nationalität, die während der Races als Crew zusammenwachsen.
Die weiteren Etappen sind das Race 2 nach Fredrikstad in Norwegen, dann ein Cruise in Company nach Lerwick auf die Shetland Inseln und im Anschluss das dritte und letzte Race zurück nach Norwegen. Dort in Arendal enden die Tall Ship Races und die ROALD macht sich auf den Weg zur Hanse Sail nach Rostock. Sowohl da, als auch bei den Hafentagen in Saßnitz auf Rügen, wird es Tagesfahrten für interessierte Gäste geben.
Ein ganz besonderer Törn startet am 21. August in Saßnitz: A Million Dreams. An Bord kommen 32 junge Menschen im Alter von 18-26 Jahren aus Deutschland und Russland, die die Russische Föderation verlassen haben. Sie arbeiten zusammen an Deck, kommen ins Gespräch und haben das Ziel, die ROALD AMUNDSEN sicher nach Ventspils in Lettland zu segeln. Koordiniert wird das Projekt von der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch (drja). Wir setzen gemeinsam die Segel für eine friedliche Zukunft. Dein Interesse ist geweckt? Schau auf der Seite der Stiftung DRJA vorbei.
Von Ventspils segelt die ROALD dann über Sassnitz nach Neustadt in Holstein. In der Lübecker Bucht verbringt sie den September, bevor es zur Werftzeit nach Eckernförde geht. In den zwei Wochen überholen die Vereinsmitglieder das Schiff, sodass es im bestmöglichen Zustand die Reise in den Süden startet.
Während der ersten Etappen ist eine Schulklasse der Emil-Molt-Schule aus Berlin an Bord der ROALD AMUNDSEN. Die Zehntklässler sind von Eckernförde bis Teneriffa zwei Monate auf dem Schiff und ersegeln sich so neue Horizonte.
Von Teneriffa geht es dann über den Atlantik nach Martinique. Dieses einzigartige Erlebnis sucht noch begeisterte Mitsegelnde, die sich auf die lange Reise begeben, die Weite der See kennenlernen wollen und natürlich fleißig mit anpacken. Den Winter verbringt die ROALD und ihre Crew in der Karibik, bis es Ende Februar von den Bermudas über die Azoren wieder zurück in Richtung europäisches Festland geht.
Details und Preise zu den Törns findest du wie immer in unserem Törnplan. Wir freuen uns, dich hoffentlich bald an Bord kennenzulernen.
„Eine Segelfahrt in die Karibik schien mir so surreal, dass ich kaum eine konkrete Vorstellung hatte. Aber wenn ich eine gehabt hätte, hätte ich es mir so nicht vorstellen können – alle Momente vom Deck schrubben bis von Bord ins Wasser springen oder hochklettern, bis zu Tampen ordnen im Regen oder nächtlicher Positionsbestimmung, waren wie aus einem Piratenfilm 🙂
Das Schönste für mich war, dort nicht wirklich denken zu können. Ich weiß nicht was es war – das Schaukeln, der sanfte Wind, was das unmöglich machte – aber zu diesem Zeitpunkt war das eine Kur, für die ich dankbar bin. Ein Moment, der mir auf jeden Fall auf die Netzhaut gebrannt ist, war in der Nachtwache nach oben zu sehen, die weißen Segel vor einem Himmel voll Sterne.„
Rebekka – im Februar 2023 von Martinique zu den British Virgin Islands
(Foto: Kristina Sonnenberg)
3. BERICHT DER BOOTSLEUTE
Werftzeiten
Ein Schiff muss ständig gewartet werden. Ein traditionell getakeltes Segelschulungsschiff wie die ROALD AMUNDSEN hat viele Bereiche, in denen routinemäßige Instandhaltung stattfindet und auch notwendige Instandsetzung. Sowohl die Korrosion, bedingt durch Sonne, Wasser und Wind, als auch der betriebsbedingte Verschleiß durch die Nutzung des Schiffes führen dazu, dass sie mehrmals im Jahr eine Werftzeit einlegen muss.
Die ROALD hat üblicherweise im Frühjahr und im Herbst für circa je 2 Wochen eine Werftzeit, während der alle Vereinsmitglieder mitarbeiten können. Die Werftzeiten finden entweder in einer Werft oder an der Pier statt, abhängig von den anstehenden Arbeiten und den benötigten Ressourcen. Vor allem im Rigg kann echte traditionelle Seemannschaft erlebt und erlernt werden: Zum Beispiel Rahen abriggen und überholen, Tau- und Drahtspleiße für laufendes Gut erneuern, Webeleinen wechseln, Segel reparieren, Holz konservieren. Aber auch, wer Interesse an der Maschine mitbringt, kann hier viel Neues kennenlernen.
Alle, die Lust und Motivation mitbringen, können sich an diesen Arbeiten beteiligen. Die nächste Werftzeit ist vom 3.-18.10.23 in Eckernförde an der Pier. Als Vereinsmitglied von LLaS e.V. kannst du dort beim Schiffserhalt unter fachkundiger Anleitung mithelfen. Weitere Infos im Schiffsbüro.
„Seit zwölf Stunden Windstärke 10 konstant, immer öfter 11, dann Böen über 64 Knoten. Nach sechs Stunden Backschaft ist die Kombüse tipptopp – und unsere Künste zirkusreif; die Ratatouille von der 40-köpfigen Besatzung dankbar entgegengenommen und nur mit einer Ausnahme der See zurückgespendet. Erstaunlicherweise scheint an Deck nicht mehr allzu viel los zu sein; ein Trainee als aktueller Rudergänger lacht euphorisch in die hellblau bis grüne Sturmsee und der Steuermann überwacht völlig unaufgeregt Wetterdaten, Kurs und die allgemeine Lage: Mit fünf gesetzten Segeln schmiegt sich die ROALD mit Elan durch die brechenden Wellen. Die Geräuschkulisse ist phantastisch, der Teide – Spaniens höchster Berg – und damit Teneriffa noch nicht in Sicht. Die Brigg mit ihren weit über 150 Tauen, Brassen, Schoten, Fallen etc. – auf Anhieb wohl auch für einen erfahrenen Yachtie verwirrend – ist unerschrocken auf Kurs. Seefahrt wie vor 300 Jahren – wir sind erschöpft und glücklich. Gar nicht so unwahrscheinlich, hier an Bord sogar echte Seefahrer anzutreffen.“
Olaf – im Dezember 2023 von Porto Santo nach Teneriffa
(Abbildung: Bordhandbuch (© LLaS e.V.) S.15, Auflage 2013)
4. ÜBRIGENS – WUSSTEST DU SCHON…
… was genau eigentlich eine Brigg ist?
Wenn ein Segelschiff zwei Masten hat, ist das schonmal ein gutes Erkennungsmerkmal. Briggen haben immer zwei Masten, die beide rahgetakelt sind, an deren Masten also Rahen mit den entsprechenden Segeln hängen. Zusätzlich zu den Rahsegeln gibt es noch Stagsegel, die ganz vorne und zwischen den Masten hängen. Außerdem hat eine Brigg auch ein Gaffelsegel am Großtopp/-mast, das dem Schiffstyp entsprechend Briggsegel genannt wird. Obwohl die meisten Briggen im 19. Jahrhundert Handelsschiffe waren, gab es auch einige als Kriegsschiffe.
Die vielen hier in dem Newsletter verwendeten Fachbegriffe kannst du z.B. in unserem Bordhandbuch nachschlagen.
„Ich habe eine wunderschöne Reise von den Azoren bis nach Frankreich auf der ROALD erlebt. Es ist ein riesiges Gefühl von Gemeinschaft, gebraucht werden und Zusammenarbeit. Wir haben die Weite des Meeres spürbar erlebt, konnten Delfine, einige Wale und manchmal verirrte Vögel sehen. Diese ruhten sich für Ihren Weiterflug bei uns an Deck aus. Das Schiff vermittelt einem das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Ich denke, dass ich bald wieder mit der ROALD in Gemeinschaft segeln werde.“
Ulf-Peter – im März 2023 von den Azoren nach Cherbourg
(Foto: Karoline Karohs)
Herzliche Grüße an alle Leser*innen.
Wir hoffen, wir sehen euch bald an Bord. Der nächste Newsletter erscheint am 15.09.23.
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