Tagesmeldung vom 10.03.2022
Atlantik
Position 42°45′ N|016°18′ W
Kurs, Speed 053 | 6,8kn
Etmal 146nm
Wind SW – 6bft
Luftdruck 1004 hpa
Bedeckung 3
Temp (L/W) 12°C, 13°C
Nachdem ich morgens mit den Worten „Zieh Dich warm an, es wird scheißkalt,“ geweckt wurde, zog ich es vor, mich umzudrehen und weiterzuschlafen. Darob schwer in Zeitverzug geraten, erreichte ich den Wachwechsel nur unzureichend bekleidet und mit der Zahnbürste im Mund, und erbat mir einen kurzen Aufschub. Peinlich, das mir, wo ich doch sonst so für meine Pünktlichkeit bekannt bin.
Nichtsdestotrotz waren die Wetterbedingungen höchst angenehm, gut warm eingepackt ließ sich die Wache wie ein Spaziergang gehen und mangels Handlungsbedarf an Brassen und Rahen sprachen wir das Setzen der Segel eben theoretisch durch. Nachdem wir also drei Vorobermarsen nebeneinander raufgeschnackt hatten, ging es seemannssonntagsmäßig in die Vollen, denn die Backschaft hatte Eier mit Speck aufgefahren, bis wir alle kugelrund und fettig waren. Freundliche, kräftige Winde bescherten uns Spitzengeschwindigkeiten von 9,6 Knoten (das ist umgerechnet in Schrittgeschwindigkeit deutlich schneller, als gedacht) und wir machen bei hoher Welle ordentlich Strecke.
Zum Wachwechsel am Nachmittag wurden wir von einem Regenschäuerchen begrüßt, was aber vermutlich nur ein letzter feuchter Gruß an Wache 1 („Heldenwache“, 9,8 Knoten) war, denn er löste sich umgehend in eitel Sonnenschein mit Regenbogen vom Allerfeinsten auf, und mitten durch das bunte Tor läuft die Roald auf Kurs 0-4-5.
An Steuerbord, nur etliche hundert Seemeilen entfernt und damit nur knapp außerhalb unserer Sicht, zieht die galizische Hafenstadt Vigo vorbei, in der wir zu unserem Vergnügen und zum Wohle des Schiffes bereits den November verbrachten und was bei der nachmittäglichen Informationsrunde diverse Anträge auf Kursänderung nach 0-9-0 hervorrief, welche allerdings völlig ungehört verhallen mussten. Dann halt durch die Biscaya nach Cherbourg.
Die Nachmittagsbackschaft nahm die offene Herausforderung der Vorgänger direkt an, und erfreute uns mit frittierten Bällchen, bis der überbordende (sehr treffende Wortwahl, Sir) Seegang den Umgang mit heißem Fett verbat, dies glücklicherweise, bevor es zu Verbrennungen kam. Es ist allgemein ein sehr backschaftslastiger Törn, in der Messe werden bereits Zukunftskartoffeln geschält und wir können uns glücklich schätzen, dass Stefano mit eiserner Hand den Speiseplan betreut.
Leider muss diese Tagesmeldung an dieser Stelle enden, denn das verfügbare Kontingent an Konsonanten ist fast aufgebraucht und wir müssen erst aus der Pumpenlast neue holen.
Deshalb grüßt Micha aus Wache 2 seinen Freund Manfred aus daheim, Steuerbord grüßt Backbord, Vortopp grüßt Großtopp. Segelndes grüßt reisendes Handwerk. Und Betti, Frieda und Jakob. Nostalgie grüßt Kneipe am Hang.
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