Tagesmeldung vom 18.10.2021

Tagesmeldung vom 18.10.2021

Törn 0741 | Eckernförde – Brest
Elbe seewärts


Position 53°51,3 N|008°59,9 E
Kurs, Speed 0, 0kn
Etmal 62nm
Wind SSW – 5bft
Luftdruck 1023 hpa
Bedeckung 6
Temp (L/W) °C, °C

Nachdem pünktlich gegen Mitternacht die Tide kenterte, drehte sich unser schwimmendes Zuhause planmäßig in die Strömung, sodass die romantisch brennende Abgaswolke der Raffinerie Brunsbüttel backbord lag. Diese konnten wir bei unserer Ankerwache, die nach allen Regeln traditioneller sowie zeitgenössischer Seemannschaft vollzogen wurde, ausgiebig bewundern. So wurde fröhlich gepeilt, wir übertrugen erforderliche Werte wie Tiefe unter Grund, Windstärke, GPS-Position und erledigten so grundsätzliche wie wichtige Aufgaben wie Feuerrunde und Brötchen rollen. Für unsere nächtliche Aktivität wurden wir am Morgen mit feuerrotem Himmelsbrand belohnt, der durch die Regenwolken durchschien und so wurde gegen Neun der Anker gehievt und wir steuerten aus der Elbmündung gen Nordsee. Wir machten gute Fahrt, und so wurde aus sanftem Wiegen alsbald ordentliches Schaukeln und aus gelb-grauem Brackwasser flaschengrüne See.
Mittags hielten wir uns schadlos an Ratatouille und Kräutertee und so gestärkt wurde das Vorstengestagsegel von der 0-4-Wache zum Setzen vorbereitet. Die 4-8-Wache hatte dann die besondere Freude, das erste Segel unseres Törns von Eckernförde nach Brest zu setzen, was durch gemeinschaftliches Tampenreißen unter Anleitung des Toppsgasts ohne Furcht und Tadel gut gelang. Es war wirklich schön, den Wind im Segel zu sehen und wenn wir auch weiterhin hauptsächlich durch Maschinenkraft vorwärts geschoben wurden, sollten uns die zusätzlichen paar Knoten ein gutes Stück in die Nordsee tragen. Auch das Großstengestagsegel hatte anschließend seine Premiere auf unserer Fahrt und echte Segelromantik kam auf, als die Sonne im Westen langsam versank und der Wind weiter auffrischte.
Grundsätzliche Kenntnisse der Belegung auf den Nagelbänken wurden am lebenden Objekt vermittelt und die Ausnahmen von den Ausnahmen besprochen (Niederholer vs. Geitau, Brasse hier, Brasse da, Schoten wachsen im Garten, außer manchmal, da wachsen sie beim Schanzkleid.) Manch eine konnte am Ruder ihre Kenntnisse auffrischen, manch anderer konnte in der Kombüse dem Smut beistehen, es gab Pfirsichkuchen vom Blech und dann irgendwann auch wohlverdiente Ruhe. Aber nicht allzu lange, denn die Roald verlangt immer nach zärtlicher Aufmerksamkeit und Betüdelung und so wechselten die Wachen im Tages- und Nachtverlauf fröhlich durch. Morgens um Vier sind die Sterne am hellsten und so lohnt das frühe Aufstehen, Gischt und Wogen halten uns wach und die Rudergänger*innen den Kurs.
Grüße gehen raus vom segelnden an das reisende Handwerk (Maßschneiderin, Tischlerin, diverse Zimmerleute und den Steinmetz unserer Herzen) sowie Max Cavalera. Es gibt kein schlechtes Wetter, solange die Haare liegen und der Tee heiß ist.
// HB frd. Ankerschnitzer & Kolbenschmierer A&K