Tagesmeldung vom 02.05.2025

Törn 0877 | Fjorde südlich der Hurtigruten
Im Hafen von Kristiansand
Position 58°08,650′ N|007°59,410′ E
Kurs, Speed 102 | 0,0kn
Etmal 22nm
Wind W – 4 – 5bft
Luftdruck 1010 hpa
Bedeckung 4/8
Temp (L/W) 15°C, 9°C
Heute ist der 1. Mai, also Tag der Arbeit, und nicht umsonst heißt er so, dieser Tag!
Nach der Nachtwache bin ich erst um 5 eingeschlafen. Laute Nebelschallsignale rissen mich aus einem bestimmt süßen Traum. Die Uhr zeigt 8:33 Nebel und graues Wasser im Bullauge direkt an meinem Gesicht. Na ja, noch paar Stündchen Schlaf vor der kommenden Wache würden nicht schaden, aber das Nebelhorn (nicht das in Oberstdorf, das Andere) alle zwei Minuten! Während dieser Überlegungen sind weitere zwei Stunden vergangen. Um halb elf bin ich endgültig wach geworden und habe jemandem auf dem Weg zur Dusche freundlich angebrummt – reden konnte ich kaum. Eine Stunde später habe ich an der Essens-Ausgabe meine Portion Lasagne bekommen und ab diesem Moment fing für mich der heutige Tag an.
Dichter Nebel um das Deck, das Schiff schleicht durch den weißen Rauch, die Welt hat sich auf das Sichtbare reduziert: Anfangsszene aus Master & Commander. Sehr romantisch. Aber das Nebelhorn!!
Wachwechsel um 12, All Hands um 12:30. Die Idee ist, vier Manöver zu fahren und gegen 17 Uhr nach Kristiansand einzulaufen. Der Kapitän erklärt zunächst die Halse. Nach 30-40 Minuten segeln wir wieder nach Südwesten weg von der norwegischen Küste. 20 Minuten Pause. Die fahrende Wache muss wegen der überschaubaren Belegung zwischen Ruder und Ausguck ununterbrochen durchtauschen. Es tut aber nicht weh, denn die ganze Crew ist mit dem permanenten Umbrassen, Aufgeien, Holen und Fieren am Deck beschäftigt. Das nächste Manöver ist die Wende und noch eine. Danach eine Backhalse als „Kirsche auf der Torte“. [Anm. der Red.: Bei der Backhalse hat es sich nicht um eine verkorkste Wende, sondern um eine ordentlich geplante und ausgeführte Backhalse gehandelt.] Alle sind müde, das Deck ist voll Kreidebilder und ähnelt den Wänden einer prähistorischen Höhle irgendwo in Südfrankreich. Nach der letzten Erklärung des Manövers schweigen alle still – Sättigung an Info tritt auf.
Nun ist aber Zeit, das Anlegen vorzubereiten. Das Dinghi ist ausgesetzt und mit dem Landkommando auf dem Weg zum Anlegerplatz. Zum Anlegen an Steuerbord ist alles vorbereitet. Im letzten Moment entscheidet der Kapitän, an Backbord anzulegen. Die Festmacherleinen werden schnell auf die andere Seite gebracht.
Die Wurfleine spitzenmäßig geschleudert und eine Minute später ist die Mittelleine belegt. Ein Restmanöver mit Ruder und Maschine folgt und das Schiff ist im Spinnennetz der Festmacherleinen gefangen. Willkommen in Kristiansand!
Die Roald liegt im Sicherheitshafen – anders als in Bergen – der Aus- und Eingang erfordert einen Code. Den lieben Lesern ist überlassen zu raten, welche Superkombination der Zeichen den Hafen vor Eindringlingen schützen soll (spoiler: nicht qwertz, aber schon in der Richtung; IT-Security? Nie gehört).
Der letzte Strich: nach dem späten Abendbrot wird die Fock noch gepackt. Um 21 Uhr gibt es endlich das Anlegebier.
Das Wetter ist frisch, insbesondere im Vergleich mit den hochsommerlichen Temperaturen, die die letzten Tage in Deutschland herrschen, aber morgen ist noch ein Tag und die ganze unbekannte Stadt direkt nach dem so leichtsinnig kodierten Tor. Und möglicherweise auch die Sonne.
Ganz liebe Grüße in den Cordesweg!
Grüße auch ans Kleingemüse, ganz besonders nach Kiel!