Tagesmeldung vom 02.04.2024

Tagesmeldung vom 02.04.2024

Tagesmeldung von Bord

Törn 0838 | Blauwasser bis Aremorica: Ponta Delgada (Azoren) – Cherbourg (F)
Im Hafen von Cherbourg

Position 49°38,8′ N|001°36,1′ W
Kurs, Speed 000 | 0,0kn
Etmal 1561nm
Wind SW – 4bft
Luftdruck 992 hpa
Bedeckung 8/8
Temp (L/W) 12°C, 11°C

Törnmeldung 0838 Ponta Delgada – Cherbourg

Ich sitze beim Mittagsessen, Grüße an meine Oma sind schon verfasst, aber in die Törnmeldung gehört ja noch mehr. ,,Was schreibt man denn da?‘ Tagesmeldungen schreibe ich ja immer mal wieder, aber über den ganzen Törn? Kathi sagt: ,,Du kannst über Delfine und Grindwale schreiben.‘ Jan-Uwe schlägt vor: ,,Du kannst schreiben wie viel Diesel wir an Bord haben‘, ,,Und wie viel Diesel haben wir an Bord?‘ ,,Teilweise 18.000 Liter, aber das nimmt stetig ab.‘
Unser Törn fing tatsächlich mit einer stetigen Dieseldezimierung an, wir sind die ersten Tage zunächst nach Norden motort, um die von West nach Ost ziehenden Tiefdruckgebiete besser zum Segeln nutzen zu können.

Vier Tage dauerte unsere Suche nach dem passenden Wind, um endlich mehr als einige stabilisierende Stagsegel zu setzen. Dann wurden wir mit einem wunderbaren Segeltag mit Sonnendeck, Pudding und Grindwalen belohnt – außer denen, die nicht für die Wale geweckt wurden. Das war ein kurzer Schlechte-Laune-Moment, aber naja. Machste nix.
Die aufkommende Urlaubsstimmung wurde allerdings schnell von konzentrierter Aktivität abgelöst, um das Schiff auf den angekündigten Starkwind vorzubereiten. Was folgte waren aufregende, anstrengende, beeindruckende Tage mit Wind bis 10 Bft., 6 Meter Welle, Hagel und Graupel, Mondregenbögen, Nachttemperaturen unter 10 Grad, vielen blauen Flecken (vor allem aus der Backschaft – akrobatische Fähigkeiten waren dort sehr gefragt), dem großartigen Panorama der aufgepeitschten See und vielen gemeinsam bewältigten Herausforderungen.

Als sich der Sturm nach etwa fünf Tagen langsam zu legen begann, hatten wir schon gar nicht mehr so viele Seemeilen vor uns. Allerdings wehte der verbliebende Wind nicht mehr so günstig wie zuvor, deswegen kreuzten wir eine Weile abwechselnd mit Kurs Irland oder Kap Verden und übten dabei das Halsen. Zum Glück drehte der nun verhältnismäßig relativ moderate Wind (aber immer noch 6-7 Bft) wieder und wir nahmen Kurs auf Cherbourg. Die zuvor nur vereinzelnd am Horizont gesichteten Schiffe wurden stetig mehr und fuhren näher an uns vorbei. Auch das Deck wurde trockener, die überkommenden Wellen und die Graupelschauer immer weniger. Den Ärmelkanal erreichten wir bei schönstem Sonnenschein und in Begleitung vieler Basstölpel. Aufmerksame Beobachter vermuteten fischreiche Gewässer und tatsächlich begleiteten uns zur Begeisterung der Crew über den Tag hinweg immer wieder einige Delfinschulen.

In der Strömung des Kanals liefen wir trotz weniger gesetzter Segel nun aber zu schnell und waren daher gar nicht traurig, dass der Wind immer weiter abnahm. Bis Samstag Nachmittag setzte sich unsere „Kaffeefahrt“ im Ärmelkanal fort, bis wir schließlich die Segel bargen und die letzte Nacht unter Maschine in Richtung Cherbourg liefen. Und da es sich um die Osternacht handelte wurde vorher gerätselt, ob es der Osterhase überhaupt auf die ROALD schaffen würde. Aber natürlich! Zwar ist die See für den Osterhasen ein durchaus ernst zu nehmendes Hindernis, zum Glück sandte er aber ein paar Meerschweinchen aus, die Ostereier im Schiff versteckten. Auch die Backschaft scheute keine Mühe und legte sich für ein Osterfrühstück ins Zeug, das die meisten noch in Ruhe genießen konnten, bevor wir die Hafeneinfahrt von Cherbourg erreichten.

Der Anleger von unserem 3. Steuermann Christoph klappte problemlos und kurze Zeit später waren wir fest am Quai de France vertäut. Den restlichen Tag verbrachten wir mit Reinschiff und dem Aufklaren des Decks, bis dann auch erste Gänge an Land möglich wurden. Der Ostermontag ist zwar theoretisch ein Feiertag, praktisch gibt es so etwas auf der ROALD aber nicht, denn der Bordbetrieb geht natürlich trotzdem wie gewohnt weiter. Ausschlafen bedeutet hier bis 7:30 Uhr und um 9:30 begann ein Ausbildungsprogramm, dass die Toppsgasten für die motivierte Crew vorbereitet hatten.
Anstelle des – sonst üblichen – letzten gemeinsamen Abends ließen wir den Tag mit einem üppigen Osteressen ausklingen. Trotz einiger organisatorischer Herausforderungen in der Kombüse konnte das Essen pünktlich, heiß und ausreichend serviert werden. Ja, natürlich, sehr lecker war es auch!

Nun sind die letzten Tage des Törns angebrochen und ein letztes Großreinschiff steht an, Postkarten werden eingesteckt, die Kammern aufgeklart und immer mehr blaue Pullis und rote Jacken tigern durch die Altstadt von Cherbourg. Wie jeder Törn, ist auch dieser wieder etwas ganz Besonderes gewesen, wir haben die raue Schönheit des Winternordatlantiks hautnah erlebt, sind als Crew zusammengewachsen und haben viel dazu gelernt. Für einige wenige geht die Reise weiter, die meisten steigen hier ab. Aber an den Törn erinnern werden sich wohl alle.

Liebe Grüße an meine Oma, kannst du Sassy bitte schreiben, dass ich mit dem Bus am 6. um 6:30 schon ankomme. Ich hab dich lieb! Maya

Die komplette Wache 3 grüßt Zeger ganz herzlich. Wir haben die Zeit sehr genossen und hoffen, du bist gut nach Hause gekommen. Bis bald.

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