Tagesmeldung vom 03.08.2024
Törn 0854 | Tall Ships Races 3 – 2024
in Stettin
Position 53°25,9′ N|014°34,2′ E
Kurs, Speed 216 | 0,0kn
Etmal 0nm
Wind NNW – 2bft
Luftdruck 1019 hpa
Bedeckung 1/8
Temp (L/W) 20°C, 19°C
Blaue Finger II
Am Vormittag haben wir nach dem Frühstück an und unter Deck alles sehr, sehr gründlich geputzt und aufgeräumt, weil sich ein Fotograf angekündigt hat. Dem wollten wir unsere Roald in bestem Kleid präsentieren.
Und wieder „stürmten“ gleich nach der Öffnung zum Open Ship Massen von Besuchern über die Gangway. Wie schon gestern riss der Strom quasi nie ab. Am Mittag wechselten wir in den „Stamp only“ Modus und geben Stempel über die Bordwand aus. „ Ja, wir haben Stempel.“ „Ins Buch oder auf den Arm?“ „Groß oder klein?“ „ ja, auf Seite 16 im Buch finden Sie unser Schiff.“ Wir überlegen ob wir „Stempelkissenfarbe anleiten und Stempelkissenfarbe selbständig auffüllen – ohne blaue Hände zu bekommen“ mit in das Ausbildungsheft Deck integrieren sollen.
Hier etwas Statistik: bei geöffneter Gangway kommen pro halbe Stunde (nacheinander) 200 Leute an Bord. Durchschnittliche Verweildauer: 5 Minuten. Pflichtprogramm: 1. Posen für ein Foto – wahlweise an einem Tampen oder am Steuerrad, 2. Ehrfürchtiges Anfassen mind. 1 Blockes, 3. Stempel holen. Im Stamp-only Modus schafft ein erfahrener Stempler 10 Spm (Stamps per minute) auf der inoffiziellen Blueprint-Skala.
Da wir mittlerweile neben Heften, TSR-Programmen, Sammelblöcken und Fahrkarten auch vermehrt Eltern und Kinder direkt grossflächig bestempeln wird wohl der Seifenverbrauch in Stettin in den nächsten Tagen exponentiell steigen. Während unsere Top-Stempler ab Montag als Frankiermaschine bei der Post anfangen könnten, berichten die noch Unerfahrenen über Verspannungen im Schulterbereich und beginnende Hornhaut an Stellen, die die Tampen der Roald auch nach einer Woche Törn nicht erreicht haben.
Und während die Hafen- und Stempelwache weiterhin gutgelaunt die örtlichen Besucher mit Stempeln versorgt, zieht der Großteil der Crew ebenfalls gutgelaunt los zur großen Crewparade durch Stettin…..und zwar durch ganz Stettin. Auf 4,2 km Fussmarsch gibt es jede Menge Schaulustige. Am Ende der Parade liegt die große Preisverleihung. Der Reihe nach werden viele, viele, viele Schiffe mit mehr oder weniger großen Pokalen oder Plaketten bedacht und feiern auf der Bühne. Nachdem der Tisch bis auf einen riesigen Pokal und einen großen silbernen Teller schon leer ist und sich leichte Enttäuschung über so gar keine Plakette oder vielleicht einen kleinen Pokal für unsere Roald breit macht *Trommelwirbel* wird die Verleihung des Torbay Cup für einen herausragenden Trainee angekündigt.
Die Person, deren Beschreibung verlesen wird, kommt uns bekannt vor – so viele Japanerinnen kann es doch unter den Trainees nicht geben … und … ja!!!! Unsere Mizuki kann es kaum fassen, als sie sich plötzlich auf den Schultern einiger Roaldies wiederfindet und unter tosendem Applaus von „ihrer“ Crew auf die Bühne getragen wird. Feierlich wird ihr der Pokal überreicht und wir bejubeln sie mit einer stilechten Roald-Welle (die Bühne musste als Schanzkleid aushelfen, Holz scheppert aber bei weitem nicht so schön wie das Original).
Der Großteil der Crew wird bis in die Nacht auf der Crewparty mit den anderen Crews feiern, für die Hafenwache haben sich genügend Freiwillige gefunden, die den immer noch flanierenden Menschenmassen die letzten Stempel aufdrücken und Fragen beantworten.
P.S. Die meist gestellte Frage auch hier im polnischen Hafen „Wofür sind die Puschel?“ bzw. auch in der Formulierung „Wofür ist das Gras das oben?“.
Outakes & Funny stuff
Darf man in einem polnischen Hafen liegend überhaupt „Wahrschau“ sagen?
Tradi-Seglerweisheit: nicht jede herum flackende Leine ist eine Flaggleine.