Tagesmeldung vom 03.01.2024

Törn 0833 | Transatlantik mit Brigg
Zwischen Kap Verden und Martinique

Position 17°15,6′ N|041°42,4′ W
Kurs, Speed 257 | 4,4kn
Etmal 105nm
Wind E – 4bft
Luftdruck 1021 hpa
Bedeckung 2/8
Temp (L/W) 28°C, 27°C

‚Horch was kommt von draußen rein‘ oder ‚Wer suchet, der findet‘

Wir segeln auf einem Traditionsschiff. Das schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Klar, dass es hier Geräusche an Bord gibt. Es gibt neben den alltäglichen Geräuschen wie dem Geklapper aus der Bootsmannslast oder der Kombüse jene, die einen in den Schlaf lullen (z.B. das Gluckern an der Bordwand oder das Tuckern des Motors), aber auch solche, die einen vom wohlverdienten Schlaf zwischen den Wachen abhalten (zumindest diejenigen mit leichtem Schlaf). Deren Ursache ausfindig zu machen, ist eine herausfordernde Schnitzeljagd.
Unsere erste Nacht an Bord, wir liegen noch im Hafen. Das Hauptgeräusch, das mich in unserer Kammer 10 mit 4 Kojen vom Schlafen abhält, ist ein Schnorcheln aus der Koje außen unten. Ein Schnarchen aus der Koje außen oben. Das war jetzt einfach. Oropax können einen Teil davon lindern.
Die zweite Nacht, nun auf See. Ein metallisches ‚Klonk‘ ist zu hören. Bei jeder Schaukelbewegung des Schiffes in Richtung Steuerbord. Klonk. Einige Sekunden Stille. Klonk. Wieder einige Sekunden Stille. Klonk. Zum Haare raufen. Hier helfen selbst die Oropax nichts. Nach einer quasi schlaflosen Nacht geht es am nächsten Morgen auf die Suche nach der Ursache des Geräusches. Unser ‚Kellerkind‘ (Spitzname unseres Maschinisten) hat ein geübtes Gehör und findet die Ursache recht schnell heraus. Die Schot des Bramstengestagsegels am Vortopp war lose und ist in der Halterung im Mastgarten ans Ende geschlagen. Können wir also beheben, gottseidank.
Die nächste Nacht. Ein metallisches Kratzen ist zu hören. Wieder im Rhythmus der Schaukelbewegung. ‚Kratz‘. Dieses Mal mehrere Sekunden, manchmal auch Minuten Stille. Doch dann ist es wieder da: ‚kratz‘. Nach einer weiteren unruhigen Nacht geht es am nächsten Morgen erneut auf die Suche. Die Hoffnung ruht auf der 28-jährigen Expertise unseres Maschinisten. Dessen Antwort: ‚Junge Dame, sie wollen mich wohl veräppeln. Nun ist aber genug mit Geräuschen‘. Kurze Zeit später vernehmen seine Ohren jedoch auch das metallische Kratzen. Er kratzt sich am Kopf, sagt: ‚Das ist nun selbst mir noch nicht untergekommen‘. Er läuft wieder gezielt zum Vortopp, schaut sich das Ganze an. Innerhalb kürzester Zeit hat er auch dieses Geräusch identifiziert. Ein Drahtseil des Fock-Geitaus scheuert am Radarkorb. Das ist nun schwieriger zu beheben, aber wir bekommen es hin.
Eine neue Nacht. Hoffentlich eine ruhige. Weit gefehlt. Kurz nach 4 Uhr morgens ertönt in der Kammer 10 ein Geräusch, als wenn eine Murmel auf einem hölzernen Untergrund hin und her rollt. Wie immer im Takt des Schaukelns. ‚Roll hin‘, ‚Roll her‘. Das gibt’s doch nicht. Am nächsten Morgen wieder Ursachenforschung. Beide Ablagen und Nachtkästchen werden durchleuchtet. Nichts rollt. Das Geräusch ist jedoch immer noch klar und deutlich zu vernehmen. Wir kommen drauf, dass es aus der Nachbarkammer kommen muss. Und siehe da: am Kleiderhaken scheuert ein Reißverschluss an der Wand entlang. Also auch easy zu beheben.
Seit einigen Tagen begleitet uns an Deck nun ein Quietschen, das sich wie ein zwitschernder Vogel anhört. Es ist die Schot der Untermars am Vortopp. Auch am Großtopp ist ein quietschendes Geräusch zu vernehmen, das klingt wie eine Katze, der man versehentlich auf den Schwanz getreten ist. Ein Block wird als Ursache identifiziert, jedoch ist die Behebung des Geräusches bislang noch nicht gelungen. Kammer 9 verursacht bei jeder Exkursion in ihre Staufächer ein dumpfes Kreischen in Kammer 7. Der Trockner gibt im Tagesverlauf oft durch lautes Piepen zu verstehen, dass selbst ihm zu heiß geworden ist. Und wohl alle Mitreisenden wissen mittlerweile ganz genau, welche Toilette gerade betätigt wurde. Eigentlich wird zur Geräuschdisziplin gemahnt, jedoch klingt es aus Kammer 1 regelmäßig zur Mittagszeit, als würde zur Jagd geblasen. Wir werden weiter berichten. Und sind gespannt, welche Geräusche die gute alte Roald für uns noch in petto hat 🙂
Am heutigen Tag ertönte übrigens zum Wachwechsel gleich dreimal ein Geburtstagsständchen für unseren Bootsmann Fabian. Zur Feier des Tages gab es deshalb eine weitere Poolparty. Es ist erstaunlich, wie viele Personen in ein Quadrat bestehend aus 4 Biertischen passen: 13 an der Zahl, wer hätte das gedacht. Und es gab einen seeeeeeehr leckeren Geburtstagskuchen. Vielen Dank an Elisabeth, die Fabian und uns damit verwöhnt hat.
Die Tagesmeldung endet hiermit und die Roald schaukelt uns weiter geduldig in die Nacht hinein auf dem Weg nach Martinique.

Es grüßen euch herzlich Mela und Alex aus Kammer 10

Liebe Grüße nach Bochum von Daniel L.

Happy New Year to all my friends at home von Harald

Wolfgang grüßt seine Lieben in Schlüchtern, Fulda und Gelnhausen. Ich denke an euch.

Maik grüßt alle Muttis.

Liebe Grüße an alle meine Heckenpenner, ihr lest das hier eh nicht! Ich hab euch lieb, ihr Deppen!

Kurze Meldung von Hermann: Point of no return ist überschritten. Vorwärts immer – rückwärts nimmer!